Inklusion als Selbstverständlichkeit – Ein Besuch im Musikunterricht der Grundschule am Lindener Markt
Die Grundschule am Lindener Markt in Hannover ist ein echter Vorreiter: Schon seit rund 15 Jahren wird hier inklusiv gearbeitet, und zwar nicht nur in einzelnen Klassen, sondern flächendeckend in der ganzen vier- bis fünfzügigen Grundschule. Doch nicht nur das: Auch die Kooperation mit der Musikschule der Landeshauptstadt Hannover läuft schon so lange, dass inklusiver Musikunterricht hier für alle selbstverständlich ist. Zum Schuljahr 2016/17 wurde die Schule auch zur Ganztagsschule ausgebaut, es gibt einen Aufzug und Rollstuhlrampen, sodass Barrierefreiheit gegeben ist und alle Schülerinnen und Schüler die Aula und den Musikraum im 2. Obergeschoss bequem erreichen können. Dort arbeitet die Rhythmikerin Annette Hartung, die seit 2014 an der Lindener Grundschule unterrichtet.
Auch die Orchesterprobe der Dritt- und Viertklässler beginnt mit gemeinsamem Singen, dazu klatschen die Kinder im Rhythmus. Nach und nach spielen einige Kinder auf ihren Instrumenten dazu, zwei verschiedene Rhythmen müssen nebeneinander gehalten werden. Dabei ist es von Vorteil, dass Annette Hartung und Malena Böse im Team arbeiten. Wenn Malena Böse vor dem Orchester steht und dirigiert, kann Annette Hartung einzelnen Kindern helfen oder bei den Percussionisten auf der Djembé mitspielen. „Jedes Kind wird nach seinen Möglichkeiten gefördert, egal ob es eine Behinderung hat oder nicht“, erklärt Annette Hartung. „Wir haben uns bewusst für ein heterogenes Orchester entschieden, so haben alle mehr Spaß, können voneinander lernen und wir haben mehr Möglichkeiten.“ Die Drittklässler, die momentan erst wenige Töne auf ihren Instrumenten spielen können, profitieren deutlich von den Viertklässlern im Orchester, die die Melodie übernehmen und rhythmisch sicherer sind. Das zeigt sich besonders beim zweiten Stück der Probe, „Obstsalat“, einem vierstimmigen Kanon. „Wer hat sich aus den vier Zeilen denn schon eine ausgesucht, die er uns mal vorspielen möchte?“, fragt Malena Böse in die Runde. Einige Schülerinnen und Schüler trauen sich, die anderen müssen herausfinden, welche der vier Zeilen es war. „Wenn es nicht richtig erraten wird, dann weißt du, dass du den Rhythmus nicht deutlich genug gespielt hast“, erklärt die Dirigentin einem Schüler, der beim zweiten Mal prompt exakter spielt. Nach und nach werden die vier Zeilen des Obstsalats zusammengesetzt, bis alle Kinder gleichzeitig spielen. Jetzt stehen die Verbesserung des Rhythmus, des Zusammenspiels und dynamischer Feinheiten auf dem Plan. Für alles haben die beiden Lehrerinnen einen guten Tipp parat. „Immer mittwochs nach der Probe besprechen wir, was wir in der kommenden Woche machen möchten“, erklärt Malena Böse. Am Ende des Schuljahres, für das große Abschlusskonzert, werden die beiden Lehrerinnen die zwei Orchester wieder zusammenführen. Und auch dann werden Beeinträchtigungen einzelner Kinder keine Rolle spielen. Denn hier zählt nur eins: der Zusammenklang!